125 Jahre Suppengesellschaft Gersau
Vorwort Gründung 1877-1914 1914-1943 Heute Rezept-1878
Das Ende der Suppenküche und die heutigen Aktivitäten

Von 1935/36 bis 1954/55 ging der Suppenkonsum von 49` 278 auf 8` 906 Liter zurück. Deshalb beschloss die ausserordentliche Generalversammlung vom 7. Oktober 1956 das Suppekochen aufzugeben und das Gebäude zu verkaufen . Der Vorstand wurde beauftragt, diesen Beschluss auszuführen und das durch den Verkaufserlös vermehrte Vermögen zu verwalten und zinstragendanzulegen.

Das Gebäude wurde in den « Marzellusglocken » zum Verkauf ausgeschrieben. Es meldeten sich zwei Interessenten. Eine Offerte lautete auf einen Preis von Fr. 26` 550.- , und eine Zweite auf Fr. 30` 000.- . Am 14. November 1956 beschloss der Vorstand die gesamte Liegenschaft zum Preise von Fr. 30` 000.- an Herr Alois Müller, Baumeister zu verkaufen. Emil Wiget-Kennel, Mosterei Brunnen kaufte den Kippkessel, den Boiler und den Ofen zu Fr. 3` 600.- und an Frau Bertha Nigg, Hotel Beau-Sejour, wurde die Kartoffelschälmaschine zu Fr. 400.- sowie an verschiedene Käufer das übrige Material zum Preise von Fr. 49.- verkauft. Am 1. März 1959 gab der Präsident den 17 anwesenden Mitgliedern der Generalversammlung den getätigten Liegenschaftsverkauf bekannt. Über den Weiterbestand der Suppengesellschaft oder die Auflösung derselben wurde rege diskutiert. Schliesslich beschloss man, eine Dreier-Kommission zu bestellen, welche das Kapital zu verwalten, alle 4 bis 5 Jahre eine Versammlung einzuberufen und Rechenschaft abzulegen habe.

Am 27. Oktober 1960 stellte die Turnhallenbaukommission an die Suppengesellschaft Gersau ein Gesuch um einen einmaligen Beitrag von Fr. 10` 000.- zur Einrichtung einer Militärküche. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt. Im Juni 1966 und im September 1969 stellte der Bezirksrat der Suppenanstalt Gersau wiederum Gesuche, die Elektrifizierung der Militärküche aus dem Gesellschaftsvermögen mit zu finanzieren. Die Versammlung vom 19. Dezember 1969 lehnte aber auch dieses Finanzierungsgesuch nach eingehender Diskussion und diversen Antragstellungen ab.

1970 machte die Bauernvereinigung an den Bezirksrat die Eingabe, den Bergkindern ein einfaches Mittagessen abzugeben. Die Bezirksbehörde entsprach dieser Bitte und stellte gleichzeitig ein Beitragsgesuch an die Suppengesellschaft. Diesem wurde entsprochen. Die Bergkinderverpflegung wird seither jährlich mit bis zu Fr. 2` 000.- unterstützt. An der Generalversammlung vom 29. November 1974 wurden die neuen Statuten einstimmig genehmigt. Diese Statuten regeln nun definitiv die Behandlung von Unterstützungsgesuchen und die Verwendung der Kapitalien und Zinsen.

An der Sitzung vom 11. November 1977 wurde beschlossen, auf den 18. Dezember die 100-jährige Jubiläumsgeneralversammlung einzuberufen. Gleichzeitig wurde vereinbart, am Schluss dieser Generalversammlung den Mitgliedern einen Imbiss (Suppe mit Wurst) zu verabreichen. Wegen Erkrankung und
Hospitalisierung des amtierenden Präsidenten, musste dieses Vorhaben aber fallen gelassen werden. Dafür wurde der Gersauer Bevölkerung am 17. Dezember 1977 erstmals eine Gerstensuppe, die im Schlachthaus gekocht wurde, gratis abgegeben. Diese Tradition wird seither zur « Samichlausenzeit » jährlich
weitergeführt.


Adolf Baggenstos und Agnes Küttel-Schelbert beim Ausschank der Gratissuppe um die «Samichlausenzeit» an die Bevölkerung von Gersau.


Der Brandkatastrophe vom 4. März 1978 fiel bekanntlich das Hotel Müller zum Opfer. Dabei gingen auch sämtliche Akten des damaligen Kassiers Otto Camenzind, Besitzer des Hotel Müller, verloren. In mühsamer Arbeit rekonstruierte Präsident Alois Müller, Baumeister zusammen mit Altbezirksammann Paul Müller die Rechnungsakten und die Mitgliederverzeichnisse. An der Generalversammlung vom 8. Dezember 1980 wurde die Rekonstruktion der Akten genehmigt und die immense Arbeit verdankt.

Nach 24 Jahren stellte Alois Müller anlässlich der Vereinversammlung vom 8. Dezember 1983 sein Amt als Präsident mit folgenden ermahnenden Worten zur Verfügung: « Die Suppengesellschaft hat eine grosse, schöne und karitative Aufgabe. Ich bitte Sie daher, fest zusammen zu halten, möglichen Vereins-oder Vermögensauflösungen vehement entgegen zu treten, damit unser Vermögen für Notfälle immer greifbar bleibt... »

Im Verlauf der folgenden ruhigeren Jahre wurde im Abstand von drei Jahren jeweils eine Generalversammlung einberufen und Rechenschaftüber Rechnung und Vermögensentwicklung abgelegt. Jährlich wird ein Teil vom Kapitalzins für karitative Zwecke gespendet und anfangs Dezember die erwähnte Gerstensuppe ausgeschenkt.

Die Mitgliederzahl beträgt zwischenzeitlich 153 Personen und Gesellschaften. Seit 1970 konnte für die Unterstützung der Bergkinder und für Beiträge an den Krankenpflegeverein ein Betrag von über Fr. 64` 000.- aufgewendet werden.

Der Vorstand

Die Präsidenten

1877 - 1890 Damian Camenzind, Landammann
1890 - 1896 Alois Reichlin, Pfarrhelfer
1896 - 1898 Damian Camenzind, Landammann
1898 - 1900 Karl Rigert, Kantonsrat
1900 - 1906 Josef Müller-Sterchi, Hauptmann, Fontana
1906 - 1012 Heinrich Erni, Dr. med.
1912 - 1916 Carl Rigert, Kantonsrichter, Sägerei
1916 - 1920 Josef Müller, Statthalter, Rosengarten
1920 - 1922 Vinzens Müller Kantonsrat, Jlge
1922 - 1927 Josef Niederer, Kantonsrat
1927 - 1942 Klemenz Niederer, Pfarrhelfer
1942 - 1959 Alois Camenzind, Molkerei
1959 - 1983 Alois Müller, Kantonsrichter, Baumeister
1983 - 2001 Adolf Nigg, alt Bezirksammann, Bühlhalde
2001 - Robert Nigg, Schreinermeister

Die Kassier

1877 - 1888 Carl Müller-Camenzind, Ratsherr
1888 - 1893 Franz Camenzind
1893 - 1896 Carl Müller, Fluhegg
1896 - 1898 Damian Camenzind, alt Säckelmeister
1898 - 1916 Alfred Sommer, Hotelier Beau Sejour
1916 - 1919 Thea Müller-Camenzind, Friedheim
1919 - 1920 Meinrad Baggenstos, bei der Kirche
1920 - 1922 Josef Niederer, Bezirksrat
1922 Cosmas Camenzind, z. Seegarten (konnte kurze Zeit später aus gesundheitlichen Gründen das Kassieramt nicht weiterführen)
1922 - 1946 Carl Camenzind, Drogist (Ad interim bis zur nächsten G.V. und wurde dann als Kassier gewählt; von 1927 - 1928 gleichzeitig auch Aktuar)
1946 - 1950 Fritz Camenzind, Seegarten
1950 - 1956 Alice Camenzind, Ahnenheim
1956 - 1974 Alois Müller, Baumeister (war ab 1959 gleichzeitig auch Präsident)
1974 - 1982 Otto Camenzind, Hotel Müller
1982 - 1987 Paul Müller, Bezirksammann (im Amt verstorben)
1987 - 2001 Ruedi Niederer, Kaufmann, (ad interim bis zur nächsten GV, dann als Kassier gewählt)
2001 - Agnes Küttel-Schelbert, Hortensia

Die Aktuare

1877 - 1888 Hermann Camenzind
1888 - 1898 J. M. Camenzind
1898 - 1900 Carl Müller
1900 - 1901 Hans Metzger
1901 - 1906 A. Rigert, Kaplan (ab 1906 in Morschach als Pfarrhelfer)
1906 - 1910 Jos. Camenzind, alt Bez. Ammann, Bäckerei
1910 - 1912 Max Metzger
1912 - 1913 Emanuel May (ist 1913 im Amt verstorben)
1913 - 1916 Jos. Müller, zum Rosengarten
1916 - 1920 Jos. Camenzind, Kantonsrat, Spinnerei
1920 - 1927 Klemenz Niederer, Pfarrhelfer
1927 - 1928 Carl Camenzind, Drogerist
1928 - 1930 Alois Camenzind, Molkerei
1930 - 1942 Martin Baggenstos, Gardehauptmann
1942 - 1955 Josef Unternährer, Jlge
1955 - 1975 Adolf Nigg, Baupräsident
1975 - 2001 Heribert Camenzind, Molkerei
2001 - Walter Camenzind, Bezirksrat


Heutiger Vorstand der Suppengesellschaft Gersau.
Von links: Adolf Baggenstos, Walter Camenzind, Agnes Küttel-Schelbert, Pius Niederer und Robert Nigg.


Die Suppenköche

- Ab Januar 1877 bis Frühjahr 1881 amtete alt Portier Marzell Niederer als Suppenkoch. Taglohn Fr. 2.- und dazu 2 Rationen Suppe.
- Von 1881 bis 1888 wurde keine Suppe gekocht.
- 1888 - 1893 Xaver Nigg, Adler, Taglohn Fr. 2.30 und 2 Liter Suppe.
- 1893 - 1917 Marzell Nigg-Baggenstos, G ä rtner, Tschalun, zum gleichen Lohn
- 1917 - 1921 Albert Müller, Kupferschmied, Taglohn Fr. 2.50 und 2 Liter Suppe;
ab 1919 Taglohn Fr. 5.- fürs Kochen Holzspalten und Gemüserüsten.
- 1921 - 1928 Anton Mettler, Küchenchef, zu den gleichen Bedingungen.
- 1928 - 1940 Albert Müller, Kupferschmied, Taglohn Fr. 4.- , ab 1930 Fr. 4.70
- 1940 - 1941 Josef Camenzind, vormals Schäfli
- 1941 - 1942 Rosa Camenzind, vom Rüteli
- 1942 - 1944 Josef Camenzind, Gütsch, Taglohn Fr. 8.-
- 1944 - 1952 Tobias Camenzind, Schäfli
- 1952 - 1955 Paul Camenzind, Seegarten

Die Suppenküchen

- 1877 - 1881 Wurde in der Waschhütte von Hermann Camenzind, Minerva, unentgeltlich Suppe gekocht.
- 1888 - 1910 Bei Regina Camenzind. Miete 50 Rappen per Woche, später 10 Rappen per Tag. (In den Jahresrechnungen 1890/91 und 1893/94 wurde aber vermerkt, dass das Kochlokal ohne Bezahlung überlassen wurde.)
- 1910 - 1914 In der Schmiedewerkstatt der Verena Camenzind, am Tanzplatz. Mietzins Fr. 100.- im Jahr.
- 1914 - 1925 Im Parterre der ehemaligen « Müller schen Metzgerei, am Bach » . Eigentümer: Herr Tobias Camenzind, Aufseher, zum Jahresmietzins Fr. 100.- samt Mitbenützung des Holzschopfes. Ab 1919 Fr. 150.- und ab 1923 Fr. 200.- im Jahr.
8. M ä rz 1925 An dieser ausserordentlichen Generalversammlung, wurde beschlossen, ab der Liegenschaft « Haus u. Garten bei der unteren Dorfbachbrücke » , ein Stück Land samt dem Eiskeller zu kaufen. Der Kauf wurde am 16. April 1925 getätigt. Der Eiskeller wurde gemäss Vorschlag und Offerte von Baumeister Müller zu einer Suppenküche umgebaut.
- 1925 - 1956 In der eigenen Liegenschaft « bei der unteren Dorfbachbrücke » 7. Oktober 1956 Ausserordentliche Generalversammlung: Beschluss: Keine Suppe mehr zu kochen, « da wegen der wirtschaftlich guten Nachkriegsjahre und der wachsenden Hochkonjunktur wenig Interesse der Bevölkerung am Suppenkauf vorhanden sei. » Der Antrag des Vorstandes, das Areal der Suppenküche zu verkaufen, wurde mit 29 zu 11 Stimmen angenommen.

Gekochte Suppenmenge in den Jahren 1876 bis 1918

Gekochte Suppenmenge in den Jahren 1919 bis 1955

Preisvergleiche
(soweit aus Belegen oder Kassabüchern ersichtlich per Kg)

Quellen:

Die textliche Zusammenfassung stützt sich auf die teils aus der alten deutschen Schrift übertragenen Protokolle, Kassabücher und Akten der Suppengesellschaft Gersau. Begriffe der damaligen Zeit sind mit Zeichen geführt; Anmerkungen des Verfassers sind in Klammern gesetzt.

Inhaltsergänzungen und Zitate teilweise nach Josef M. Mathä Camenzind, Pfarrhelfer zu Gersau (1816 - 1883) « Die Geschichte von Gersau » .

Verfasser des vorliegenden Textes ist der derzeitige Präsident der Suppengesellschaft Gersau: Robert Nigg-Vigini, Schreinermeister von Gersau.

Dank:

Danken möchte ich allen, die mir bei der Realisation dieser Festschrift geholfen haben. Besonderen Dank gebührt Herrn Anton Camenzind-Stäuble für die Grundidee und die Gliederung sowie meiner Tochter, Frau Silvia Nigg, für die Mithilfe bei den Schreib- und Korrekturarbeiten. Dank aber auch all denen, die mit Wort und Tat und Tat zum guten Gelingen beigetragen haben.

Robert Nigg